23. November 2024

Tipps für ADHSler: Erfolgreich im Alltag!

ADHS begleitet viele Menschen auch im Erwachsenenalter. Symptome wie Konzentrationsprobleme, Impulsivität und emotionale Schwankungen können alltägliche Aufgaben erschweren. Aber es gibt viele praktische Strategien, die helfen, den Alltag besser zu meistern. Dieser Beitrag bietet konkrete Tipps, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren, und zeigt, wie Sie selbst Verhaltensweisen entwickeln können, um mehr Struktur, Motivation und Balance zu schaffen. 

1. Struktur schaffen: Ordnung im Kopf und Alltag

Eine der größten Herausforderungen für Menschen mit ADHS ist der Umgang mit Chaos – sei es in Gedanken, im Haushalt oder bei der Arbeit. Eine klare Struktur hilft, den Überblick zu behalten:

Tages- und Wochenplanung: Verwenden Sie einen festen Kalender oder eine digitale App. Planen Sie am Vorabend die wichtigsten Aufgaben für den nächsten Tag und schreiben Sie diese auf. 

- Aufgaben in kleine Schritte zerlegen: Große Projekte wirken oft überwältigend. Zerlegen Sie diese in kleinere, machbare Einheiten. Beispiel: Anstatt „Wohnung putzen“ setzen Sie „Küche aufräumen“ oder „Staubsaugen im Wohnzimmer“ auf Ihre Liste.

- Routinen entwickeln: Routinen sind besonders hilfreich, um alltägliche Aufgaben stressfrei zu erledigen. Legen Sie beispielsweise morgens immer 10 Minuten für das Aufräumen oder Planen Ihres Tages ein.

Diese Methoden fördern die Selbstorganisation und sorgen für mehr Kontrolle im Alltag (Barkley & Benton, 2023; Paucke & Strauss, 2015).

2. Zeitmanagement: Den Tag im Griff behalten

Menschen mit ADHS verlieren oft das Zeitgefühl, was zu Stress und verpassten Fristen führt. Effektives Zeitmanagement ist daher entscheidend:

- Pomodoro-Technik: Arbeiten Sie in festen Intervallen, z. B. 25 Minuten, gefolgt von einer 5-minütigen Pause. Diese Technik hilft, fokussiert zu bleiben und Überforderung zu vermeiden.

- Timer und Erinnerungen: Stellen Sie sich für wichtige Aufgaben einen Wecker. So vermeiden Sie, Zeit aus den Augen zu verlieren. Smartphone-Apps wie „Todoist“ oder „Google Kalender“ sind dafür ideal.

- Realistische Zeitfenster: Schätzen Sie, wie lange Aufgaben wirklich dauern, und planen Sie genug Pufferzeiten ein. So vermeiden Sie Hektik.

Diese Techniken sind besonders wirksam, um Struktur in den Tag zu bringen (Zinnow et al., 2018).

3. Motivation durch Belohnungen steigern

Die Motivation zu finden, Aufgaben zu erledigen, ist für Menschen mit ADHS oft eine Herausforderung. Belohnungssysteme können helfen:

- Kleine Belohnungen: Belohnen Sie sich nach jeder erledigten Aufgabe. Dies könnte ein Stück Schokolade, eine Pause mit einer Serie oder ein kurzer Spaziergang sein.

- Fortschritte sichtbar machen: Erstellen Sie Listen, auf denen Sie abgeschlossene Aufgaben abhaken können. Die visuelle Darstellung von Fortschritten steigert die Motivation.

- Spielerische Anreize: Machen Sie Aufgaben zu einer Herausforderung. Beispiel: „Wie schnell kann ich die Küche aufräumen?“

Belohnungssysteme sind laut der ESCAlate-Studie und Elsässer et al. (2014) besonders effektiv, um die Motivation langfristig zu erhalten.

4. Achtsamkeit und emotionale Kontrolle: Ruhe in den Alltag bringen

Impulsivität und emotionale Überforderung sind typische ADHS-Symptome. Achtsamkeitsübungen helfen, den Kopf zu beruhigen und den Fokus zu schärfen:

- Geführte Meditationen: Nutzen Sie Apps wie „Headspace“ oder „Calm“ für kurze, tägliche Meditationen. Diese können helfen, inneren Stress abzubauen.

- Atemübungen: Nehmen Sie sich in stressigen Momenten eine Minute Zeit, um bewusst tief ein- und auszuatmen. Atmen Sie langsam ein, halten Sie den Atem kurz an und lassen Sie die Luft langsam ausströmen.

- Achtsame Pausen: Planen Sie regelmäßige Pausen ein, in denen Sie bewusst innehalten und sich entspannen.

Diese Techniken werden von Ballmann et al. (2021) und Ridinger (2016) als effektive Strategien zur Stressbewältigung und Emotionskontrolle empfohlen.

5. Digitale Helfer: Technik sinnvoll nutzen

Digitale Hilfsmittel können eine enorme Unterstützung sein, um den Alltag zu organisieren und sich besser zu konzentrieren:

- Aufgabenmanagement-Apps: Tools wie „Trello“ oder „Microsoft To-Do“ helfen, Aufgaben zu planen und zu strukturieren. Sie bieten eine einfache Übersicht über alle anstehenden Projekte.

- Konzentrations-Apps: Anwendungen wie „Forest“ oder „Focus Booster“ fördern die Konzentration und verhindern Ablenkungen.

- Erinnerungs-Apps: Nutzen Sie Apps, die Sie regelmäßig an wichtige Aufgaben erinnern, wie „Google Kalender“ oder „Reminders“.

Der Einsatz digitaler Hilfsmittel wird auch von M. Bender et al. (2019) und anderen Forschern empfohlen.

6. Bewegung und Ernährung: Mentale und körperliche Stärke fördern

Ein gesunder Lebensstil ist essenziell für das Wohlbefinden – besonders bei ADHS:

- Regelmäßige Bewegung: Schon 15-20 Minuten Bewegung am Tag können helfen, überschüssige Energie abzubauen und die Konzentrationsfähigkeit zu steigern. Leichte Sportarten wie Yoga oder Spaziergänge eignen sich hervorragend.

- Ernährungsbewusstsein: Vermeiden Sie Zucker- und Koffeinspitzen und setzen Sie auf komplexe Kohlenhydrate, die den Blutzuckerspiegel stabil halten. Regelmäßige Mahlzeiten fördern eine ausgeglichene Energie.

Barkley und Benton (2023) sowie Ridinger (2016) heben die Bedeutung eines gesunden Lebensstils für ADHS-Betroffene hervor.

7. Kommunikation verbessern: Beziehungen stärken

ADHS kann auch soziale Interaktionen belasten. Offene Kommunikation und klare Regeln helfen, Missverständnisse zu vermeiden:

- Klare Aussagen: Sprechen Sie Ihre Bedürfnisse offen aus. Zum Beispiel: „Ich brauche etwas mehr Zeit, um mich auf diese Aufgabe vorzubereiten.“

- Regeln und Routinen: Klären Sie Erwartungen in Beziehungen oder am Arbeitsplatz vorab, um Konflikte zu vermeiden.

- Geduld entwickeln: Geben Sie sich selbst und anderen Zeit, sich an neue Kommunikationsmuster zu gewöhnen.

Ruth Huggenberger (2022) beschreibt, wie diese Ansätze soziale Beziehungen verbessern können.

8. Wann eine Therapie sinnvoll sein kann

Selbsthilfestrategien bieten eine großartige Grundlage, um den Alltag zu bewältigen. Dennoch kann eine Therapie hilfreich sein, um tiefergehende Herausforderungen zu adressieren. Verhaltenstherapie und psychoedukative Ansätze sind bewährte Methoden, um ADHS besser zu verstehen und zu managen (Paucke & Strauss, 2015).

Fazit: Kleine Schritte, große Wirkung

ADHS im Erwachsenenalter mag herausfordernd sein, doch mit den richtigen Strategien können Sie Ihren Alltag positiv gestalten. Struktur, Belohnungssysteme, digitale Hilfsmittel und ein gesunder Lebensstil sind nur einige der vielen Wege, die Ihnen helfen können. Probieren Sie die Tipps aus und finden Sie heraus, was am besten zu Ihnen passt – denken Sie daran, dass kleine Veränderungen oft große Wirkungen haben.

Quellen:

- Barkley, R. A., & Benton, C. M. (2023). Das große Handbuch für Erwachsene mit ADHS. Hogrefe Verlag. https://dx.doi.org/10.1024/86221-000  

- Ballmann, C., Steffens, M., Schulze, M., Nauerz, S., Berger, M., Philipsen, A., & Gensichen, J. (2021). Hausärztliche Kurzintervention für die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Erwachsenen — eine Machbarkeitsstudie. Zeitschrift für Allgemeinmedizin, 97 (2), 72–77. https://dx.doi.org/10.3238/zfa.2021.0072-0077  

- Huggenberger, R. (2022). ADHS – unter der Spitze des Eisbergs. Springer-Verlag. https://dx.doi.org/10.1024/86121-000  

- Zinnow, T., Banaschewski, T., Fallgatter, A., Jenkner, C., Millenet, S., Philipsen, A., Retz, W., Sobanski, E., Thome, J., & Rösler, M. (2018). ESCAlate – Ein adaptiver Behandlungsansatz für Jugendliche und Erwachsene mit ADHS. Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie, 66 (4), 233–242. https://dx.doi.org/10.1024/1661-4747/A000360 

- Paucke, M., & Strauss, M. (2015). ADHS im Erwachsenenalter. Fortschritte der Neurologie und Psychiatrie, 83 (10), 556–562. https://dx.doi.org/10.1055/s-0038-1669611  

- Elsässer, M., Newark, P. E., & Stieglitz, R. (2014). Selbstregulation, Lageorientierung und Aufmerksamkeit bei erwachsenen ADHS-Patienten. Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie, 43 (2), 99–108. https://dx.doi.org/10.1026/1616-3443/A000248  

- Bender, M., D’Amelio, R., & Wehmeier, P. (2019). Psychoedukative Ansätze bei Erwachsenen mit ADHS. Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie, 67 (3), 197–203. https://dx.doi.org/10.1055/a-0958-6004  

- Ridinger, M. (2016). ADHS und Sucht im Erwachsenenalter. Fortschritte der Neurologie und Psychiatrie, 84 (11), 687–693. https://dx.doi.org/10.1055/s-0037-1616449 

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Patrick Pfarrer
M.Sc. Psychologie / MAS Psychotherapie
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