ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) wird häufig als Kinderkrankheit wahrgenommen, obwohl viele Betroffene auch im Erwachsenenalter weiterhin Symptome zeigen. Dies führt oft zu erheblichen Herausforderungen im Alltag, besonders in Bereichen wie Selbstorganisation, Konzentration und emotionale Stabilität. In Deutschland ist die Diagnosequote bei Erwachsenen bisher gering, obwohl die Störung auch nach der Pubertät bestehen bleibt.
Ein Beispiel ist Christine, eine 32-jährige Patientin, die in der psychiatrischen Ambulanz der Universitätsklinik Bonn behandelt wird. Sie berichtet von Schwierigkeiten, sich auf Routinetätigkeiten zu konzentrieren und Aufgaben zu priorisieren. Trotz innerer Unruhe und Stimmungsschwankungen wurde ihre ADHS erst im Erwachsenenalter diagnostiziert. Solche verspäteten Diagnosen sind nicht selten, da die Symptome bei Erwachsenen oft weniger offensichtlich sind, als es im Kindesalter der Fall ist.
Die Behandlung von ADHS im Erwachsenenalter basiert auf einer Kombination von medikamentösen und therapeutischen Maßnahmen. Methylphenidat, besser bekannt als Ritalin, wird häufig zur Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten eingesetzt, da es die Konzentration der Neurotransmitter Dopamin und Noradrenalin im Gehirn erhöht. Eine Alternative ist das nicht stimulierende Medikament Atomoxetin, welches besonders bei Patienten eingesetzt wird, die Methylphenidat nicht vertragen.
Zusätzlich zu Medikamenten haben sich verschiedene Formen der Psychotherapie als hilfreich erwiesen. In einer Studie an der Uniklinik Bonn wurde gezeigt, dass Gruppentherapien zur kognitiven Verhaltenstherapie besonders effektiv sind. Diese Gruppentherapien steigern nicht nur das Wohlbefinden der Patienten, sondern helfen auch, den Umgang mit den Herausforderungen im Alltag zu erleichtern.
Auch digitale Hilfsmittel spielen eine zunehmend wichtige Rolle. Eine von der Uniklinik Bonn entwickelte Smartphone-App zur Unterstützung von ADHS-Betroffenen hat sich als wirksames Mittel erwiesen, um Symptome zu lindern und das Selbstmanagement zu fördern. In einer Studie zeigte die App sogar bessere Ergebnisse als traditionelle Informationsbroschüren.
Obwohl ADHS für viele Betroffene eine Herausforderung darstellt, darf nicht vergessen werden, dass die Störung auch positive Eigenschaften mit sich bringen kann. Menschen mit ADHS werden häufig als kreativ, neugierig und charmant beschrieben. Viele von ihnen haben die Fähigkeit, unkonventionelle Lösungsansätze zu finden und sind oft sehr hilfsbereit und sensibel. Es ist wichtig, diese Stärken in den Fokus zu rücken und Betroffenen dabei zu helfen, ihre Vorzüge trotz der Schwierigkeiten im Alltag zu bewahren.
Christine hat durch ihre Diagnose und die anschließende Therapie einen Weg gefunden, ihre ADHS besser zu verstehen und zu managen. Neben Medikamenten wie Methylphenidat hilft ihr ein Achtsamkeitstraining dabei, stressige Alltagssituationen gelassener zu bewältigen. Ihre Fortschritte zeigen, wie wirkungsvoll eine auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnittene Therapie sein kann.
ADHS im Erwachsenenalter ist oft weniger offensichtlich, aber dennoch eine ernsthafte Belastung für Betroffene. Eine Kombination aus Medikamenten, Psychotherapie und digitalen Hilfsmitteln kann helfen, die Symptome zu lindern und den Alltag besser zu bewältigen. Es ist zudem wichtig, die positiven Eigenschaften von Menschen mit ADHS anzuerkennen und zu fördern. Nur so können Therapieansätze langfristig erfolgreich sein und den Betroffenen helfen, ihre Potenziale voll auszuschöpfen.
Quellen:
- Hoxhaj, E. et al. (2018). Mindfulness vs psychoeducation in adult ADHD: A randomized controlled trial. European Archives of Psychiatry and Clinical Neuroscience.
- Philipsen, A. et al. (2015). Effects of group psychotherapy, individual counseling, methylphenidate, and placebo in the treatment of adult attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomized clinical trial. JAMA Psychiatry
- Selaskowski, B. et al. (2022). Smartphone-assisted psychoeducation in adult attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomized controlled trial. Psychiatry Research.
- Sibley, M. H. et al. (2022). Variable patterns of remission from ADHD in the multimodal treatment study of ADHD. American Journal of Psychiatry.