Das Gehirn als Vorbild für künstliche Intelligenz bietet spannende Möglichkeiten. Vor allem in der Entwicklung von neuromorphen Chips gibt es großes Potenzial. Die Technik rund um künstliche Intelligenz (KI) hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Doch normale Computer stoßen immer häufiger an ihre Grenzen – besonders beim Energieverbrauch. Neuromorphe Chips, die ähnlich wie das Gehirn arbeiten, bieten deshalb eine vielversprechende Lösung. Diese Art der KI nach dem Vorbild des menschlichen Gehirns verspricht sowohl technische als auch energiebezogene Vorteile. Im Januar 2022 veröffentlichte ein Forscherteam unter der Leitung von Friedemann Zenke und Johannes Schemmel eine wichtige Arbeit. Sie zeigt, wie sich KI-Programme erfolgreich auf neuromorphe Chips anpassen lassen – und zwar mit großer Genauigkeit.
Um Probleme durch technische Unterschiede in der Hardware zu lösen, entwickelten die Forscher eine neue Lernmethode: "surrogate gradient learning". Diese Methode basiert auf dem Ziel, Fehler schrittweise zu verringern. Sie funktioniert ähnlich wie andere Verfahren des maschinellen Lernens, ist aber besser für analoge Systeme geeignet. Bei neuromorphen Chips wie dem BrainScaleS-2 läuft der erste Rechenschritt direkt auf dem Chip, während der zweite Teil auf einem normalen Computer abläuft. Dieser Ansatz gleicht nicht nur Fehler in den Bauteilen aus, sondern macht auch eine genaue Erkennung von Bildern und Sprache möglich – ein Zeichen dafür, wie Neurowissenschaft auf KI trifft. Auch hier wird klar, wie stark Systeme profitieren, wenn das Gehirn als Vorbild für künstliche Intelligenz dient.
Die Ergebnisse zeigen: Der auf dem BrainScaleS-2-Chip trainierte KI-Algorithmus erreicht fast dieselbe Genauigkeit wie bekannte Systeme auf digitalen Computern. Die Genauigkeit liegt bei fast 99 %. Besonders beeindruckend ist aber der Energieverbrauch. Der analoge Chip braucht nur ein Tausendstel der Energie eines normalen Prozessors. Damit ist diese Technik ein großer Schritt in Richtung sparsamer KI. Sie orientiert sich immer mehr an den Abläufen im Gehirn – ein wichtiger Punkt, wenn man das Gehirn als Vorbild für künstliche Intelligenz betrachtet. Solche Fortschritte zeigen den Weg hin zu einer künstlichen Intelligenz mit menschlichem Vorbild, die Technik und Natur vereint.
Trotz der guten Ergebnisse gibt es noch offene Fragen. Das Training muss bisher noch auf klassischen Computern laufen, bevor man die Ergebnisse auf die Chips überträgt. In Zukunft soll aber der ganze Vorgang – vom Lernen bis zur Anwendung – direkt auf den Chips laufen. Dafür muss man jedoch eine neue Generation von Chips bauen, die ganz allein arbeiten können. Die Forschung von Zenke und Schemmel legt schon jetzt den Grundstein für diesen Fortschritt. Sie zeigt den Weg in eine Zukunft mit sparsamerer KI – eine Zukunft, in der KI nach dem Vorbild des menschlichen Gehirns eine immer größere Rolle spielt. Auch deshalb bleibt das Gehirn als Vorbild für künstliche Intelligenz ein zentrales Thema in Forschung und Anwendung.
Quellen:
- McCallum, A., et al. (2019). Energy and policy considerations for deep learning in NLP. ArXiv. https://ojs.aaai.org/index.php/AAAI/article/view/7123
- Zenke, F., et al. (2019). Surrogate gradient learning in spiking neural networks. ArXiv. https://ieeexplore.ieee.org/abstract/document/8891809
- Zenke, F., et al. (2022). Surrogate gradients for analog neuromorphic computing. Proceedings of the National Academy of Sciences, 119(6). https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35042792/