6. Februar 2025

ADHS und AVWS: Zusammenhang, Unterschiede, Hilfestellungen

Kinder mit ADHS oder einer Störung der Hörverarbeitung (AVWS) haben im Alltag oft große Probleme, denn sie können gesprochene Sprache nicht so gut verarbeiten wie andere Kinder. Besonders in der Schule fällt ihnen das schwer, weil dort viele Nebengeräusche auftreten. Doch wie hängen ADHS und AVWS eigentlich zusammen? Und worin unterscheiden sie sich? In diesem Beitrag erklären wir die wichtigsten Punkte, außerdem geben wir Tipps für Eltern und Betroffene.

1. Was ist eine Hörverarbeitungsstörung (AVWS)? – Symptome und Ursachen

Kinder mit AVWS hören zwar normal, aber sie können Geräusche nicht richtig verarbeiten. Das Gehirn ordnet die Laute nicht so ein, wie es sollte. Dadurch entstehen zum Beispiel diese Probleme:

  • Sie verstehen gesprochene Anweisungen nur schwer, vor allem bei Lärm.
  • Sie fragen oft nach („Was hast du gesagt?“), weil sie Teile nicht mitbekommen.
  • Sie tun sich schwer, ähnliche Laute zu unterscheiden, wodurch auch das Lesenlernen schwerer fällt.
  • Ihre Sprachentwicklung ist manchmal verzögert, außerdem gibt es oft Leseschwierigkeiten.
  • Geräusche im Hintergrund lenken sie stark ab, obwohl sie sich eigentlich konzentrieren wollen.
  • Sie können längeren Erklärungen nur schwer folgen, weil sie den roten Faden verlieren.
  • Ähnliche Wörter werden leicht verwechselt, denn sie hören nicht jedes Detail genau.
  • Leise oder schnelle Sätze bereiten Probleme, besonders wenn das Umfeld unruhig ist.

Studien (De Wit et al., 2018) zeigen, dass diese Anzeichen häufig auch bei ADHS oder Sprachproblemen auftreten. Deshalb bleibt AVWS oft lange unbemerkt, obwohl es gezielte Hilfe gäbe.

2. Haben Kinder mit ADHS öfter auch AVWS? – Was die Forschung zeigt

Viele Studien zeigen, dass Kinder mit ADHS häufiger auch AVWS haben. Die beiden Störungen ähneln sich in manchen Punkten, weshalb es schwer ist, sie voneinander zu trennen. Trotzdem gibt es klare Hinweise:

  • Riccio et al. (1994) fand heraus, dass Kinder mit ADHS oft Probleme mit der Hörverarbeitung haben.
  • Chermak et al. (2002) zeigte, dass Schwierigkeiten mit Aufmerksamkeit und Hören häufig zusammen auftreten.
  • Gyldenkaerne et al. (2014) entdeckte, dass beide Störungen teilweise denselben Ursprung im Gehirn haben.

Ein Grund dafür könnte sein, dass bei beiden Störungen die Reize aus der Umwelt nicht gut gefiltert werden. Kinder mit ADHS können Geräusche oft nicht ausblenden – genau wie Kinder mit AVWS. Deshalb sind sie schneller abgelenkt, obwohl sie sich eigentlich anstrengen.

Trotzdem gilt: Nicht jedes Kind mit ADHS hat automatisch auch AVWS. Daher braucht es eine genaue Untersuchung, damit nichts übersehen wird.

3. Warum treten ADHS und AVWS so oft gemeinsam auf?

ADHS und AVWS betreffen beide die Verarbeitung von Reizen – vor allem von Geräuschen. Kinder mit ADHS haben Mühe, Nebengeräusche auszublenden. Deshalb fällt es ihnen schwer, sich zu konzentrieren, vor allem wenn es laut ist. Das ist auch bei AVWS der Fall.

  • Riccio et al. (1994) stellte fest, dass Kinder mit ADHS öfter auch AVWS haben.
  • Gyldenaerne et al. (2014) zeigte, dass Kinder mit AVWS oft genauso unaufmerksam sind wie Kinder mit ADHS.

Obwohl beide Störungen einiges gemeinsam haben, sind sie nicht dasselbe. ADHS betrifft vor allem die Aufmerksamkeit und das Verhalten. AVWS hingegen hat mit dem Hören und Verstehen zu tun. Dennoch gibt es Überschneidungen – besonders dann, wenn Kinder wichtige Informationen aus vielen Geräuschen herausfiltern müssen.

4. Worin unterscheiden sich ADHS und AVWS?

Weil sich die Symptome ähneln, kann es leicht zu Verwechslungen kommen. Manchmal wird ein Kind mit AVWS fälschlich auf ADHS behandelt, obwohl es eigentlich Hörtraining braucht. Damit das nicht passiert, hilft der Vergleich:

MerkmalADHSAVWS
UrsacheProbleme mit der AufmerksamkeitProbleme beim Hören und Verstehen
HauptsymptomeUnruhe, Ablenkung, impulsives HandelnSchwierigkeit beim Zuhören und Verstehen
UmgebungAblenkung durch viele ReizeStarke Reaktion auf Lärm oder Nebengeräusche
BehandlungVerhaltenstraining, evtl. MedikamenteHörtraining, Sprachförderung

Deshalb ist eine genaue Diagnose so wichtig – nur so bekommt das Kind die passende Hilfe.

5. ADHS oder AVWS – oder beides? So läuft die Diagnose ab

Um herauszufinden, ob ein Kind ADHS, AVWS oder beides hat, sollten verschiedene Fachleute eingebunden werden. Denn nur im Team lassen sich die Unterschiede richtig erkennen:

  • Der Kinderarzt prüft, ob körperliche Ursachen vorliegen.
  • Ein Audiologe macht spezielle Hörtests.
  • Ein Psychologe hilft, ADHS und AVWS voneinander zu unterscheiden.
  • Ein Logopäde untersucht, wie das Kind spricht und hört.

Laut Dawes & Bishop (2009) gibt es Tests, die gezielt helfen, AVWS und ADHS auseinanderzuhalten. Eltern können aber auch selbst auf einige Dinge achten:

  • Werden die Probleme schlimmer, wenn es laut ist?
  • Hat das Kind vor allem mit Sprache Probleme – oder eher beim Sehen und Merken?
  • Tritt die Unruhe nur in der Schule auf oder auch zu Hause?
  • Kann sich das Kind Gehörtes gut merken oder hat es Mühe damit?

Je mehr man über das Verhalten weiß, desto besser lässt sich helfen.

6. Was hilft Kindern mit ADHS und AVWS?

a) Übungen für besseres Hören

Kinder mit AVWS können gezielt gefördert werden. Chermak & Hall (1999) empfehlen:

  • Hörtraining, um Sprache besser zu verstehen
  • FM-Systeme, bei denen der Lehrer ein Mikrofon trägt, sodass das Kind alles klar hört
  • Hör-Apps, mit denen zu Hause trainiert werden kann
  • Sprachtherapie, um die Sprache und das Verstehen zu verbessern

b) Alltagstipps bei ADHS

Auch Kinder mit ADHS brauchen Hilfe, um sich besser zurechtzufinden. Nützlich sind:

  • Feste Tagesabläufe, damit sie wissen, was wann passiert
  • Eine ruhige Umgebung, besonders bei den Hausaufgaben
  • Klare und kurze Anweisungen, damit sie den Überblick behalten
  • Belohnungen für gutes Verhalten, weil das motiviert
  • Bilder oder Zeichen zur Unterstützung, vor allem bei jüngeren Kindern

c) Zusammenarbeit macht den Unterschied

Eltern, Lehrer und Fachleute sollten sich regelmäßig austauschen. Nur so können alle Maßnahmen gut aufeinander abgestimmt werden. Laut Pelemo (2022) ist eine gute Zusammenarbeit entscheidend für den Erfolg.

d) Psychotherapie kann helfen

Manche Kinder brauchen zusätzlich psychologische Unterstützung. Denn ADHS und AVWS können Frust auslösen – etwa wenn das Kind immer wieder scheitert, obwohl es sich anstrengt. In der Therapie lernen Kinder:

  • besser mit Stress umzugehen
  • mehr Selbstvertrauen aufzubauen
  • soziale Fähigkeiten zu entwickeln

Vor allem bei starken Verhaltensproblemen oder Ängsten ist diese Hilfe sehr wertvoll.

Fazit: Jedes Kind braucht passende Hilfe

Kinder mit ADHS oder AVWS haben besondere Herausforderungen. Doch mit der richtigen Unterstützung können sie gut lernen und sich wohlfühlen – in der Schule und zu Hause. Wichtig ist, dass Eltern und Fachleute genau hinschauen und gemeinsam handeln.

Haben Sie Fragen oder eigene Erfahrungen? Schreiben Sie gern in die Kommentare! Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen.

Herzliche Grüße, Ihr PCM-Team

Literaturverzeichnis

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Patrick Pfarrer
M.Sc. Psychologie / MAS Psychotherapie
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