2. Oktober 2024

RSD und ADHS: Eine komplexe Beziehung

Bei der „Rejection Sensitivity Dysphoria (RSD)“ handelt es sich um extreme emotionale Reaktionen auf wahrgenommene Ablehnung oder Kritik und tritt häufig im Zusammenhang mit der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) auf. Diese emotionale Überempfindlichkeit betrifft nicht nur Kinder und Jugendliche mit ADHS, sondern auch Erwachsene. RSD kann das tägliche Leben und vor allem zwischenmenschliche Beziehungen erheblich beeinträchtigen, da Betroffene intensive emotionale Reaktionen auf soziale Interaktionen zeigen, die von anderen oft als übertrieben und unangemessen wahrgenommen werden. 

Emotionale Dysregulation bei ADHS in allen Altersgruppen

Emotionale Dysregulation ist ein zentrales Merkmal von ADHS und tritt in allen Altersgruppen auf. Kinder mit ADHS weisen häufig emotionale Instabilität auf, wobei etwa 63 % von ihnen erhebliche Schwierigkeiten in der Emotionsregulation zeigen. Doch auch Erwachsene sind davon betroffen, und emotionale Dysregulation bleibt oft ein lebenslanges Problem. Diese emotionalen Schwankungen Fallen oft intensiver aus, wenn es um Ablehnung oder Kritik geht, was zu Konflikten in persönlichen Beziehungen oder im Arbeitsleben führen kann (Turkia et al., 2021).

RSD bei Erwachsenen: Emotionale Herausforderungen im Alltag

Rejection Sensitivity Dysphoria äußert sich bei Erwachsenen mit ADHS in Form von starken emotionalen Reaktionen auf tatsächliche oder wahrgenommene Zurückweisung. Viele Betroffene berichten, dass sie auf kleinste Anzeichen von Kritik mit extremen Gefühlen von Wut, Scham oder Verzweiflung reagieren. Diese Sensibilität kann sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld zu Problemen führen. Erwachsene mit ADHS haben Schwierigkeiten, soziale Ablehnung zu verarbeiten, was ihr Wohlbefinden stark beeinträchtigen und auf Dauer beispielsweise zu depressiven Episoden führen kann. (Babinski et al., 2018)

Psychisches Wohlbefinden als Schlüssel zur Bewältigung

Ein wichtiger Ansatz zur Unterstützung von Menschen mit ADHS und RSD liegt in der Förderung des psychischen Wohlbefindens und der Resilienz. Studien zeigen, dass ein gestärktes Wohlbefinden dazu beitragen kann, die Auswirkungen von RSD zu mildern. Bei einer Untersuchung von Studierenden mit ADHS konnte nachgewiesen werden, dass eine Verbesserung der mentalen Gesundheit die Verbindung zwischen ADHS-Symptomen und der Sensibilität gegenüber Ablehnung verringert. Dies deutet darauf hin, dass ein gezieltes Training der emotionalen Resilienz, im Zuge einer Psychotherapie, Betroffenen helfen kann, die Herausforderungen von RSD besser zu bewältigen (Müller et al., 2024)

Die Bedeutung einer ganzheitlichen Diagnose und Behandlung

Viele Erwachsene mit ADHS erleben Frustration, da ihre emotionalen Schwierigkeiten, insbesondere im Zusammenhang mit RSD, oft nicht ausreichend diagnostiziert oder behandelt werden. In der Praxis werden diese emotionalen Symptome häufig nicht als Teil der ADHS-Problematik erkannt. Dies führt dazu, dass viele Menschen das Gefühl haben, dass ihre emotionalen Bedürfnisse übersehen werden. Eine umfassende Behandlung sollte daher nicht nur die klassischen ADHS-Symptome wie Unaufmerksamkeit oder Impulsivität adressieren, sondern auch die emotionale Komponente von ADHS einbeziehen (Ginapp et al., 2023)

Fazit

Rejection Sensitivity Dysphoria fügt der emotionalen Erfahrung von Menschen mit ADHS eine zusätzliche Ebene der Komplexität hinzu. Die intensiven emotionalen Reaktionen auf vermeintliche oder tatsächliche Ablehnung sind nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen ein bedeutendes Problem. Diese emotionale Überempfindlichkeit kann das soziale und berufliche Leben erheblich beeinflussen. Eine ganzheitliche Behandlungsstrategie, die emotionale Resilienz fördert und die Rolle der emotionalen Dysregulation in der ADHS-Problematik anerkennt, ist entscheidend, um Menschen mit ADHS und RSD ein besseres und stabileres Leben zu ermöglichen.

Quellen:

Babinski, D. E., Kujawa, A., Kessel, E. M., Arfer, K. B., & Klein, D. (2018). Sensitivity to peer feedback in young adolescents with symptoms of ADHD: Examination of neurophysiological and self-report measures. Journal of Abnormal Child Psychology, 46 (7), 1517-1528. 

Ginapp, C. M., Greenberg, N. R., Macdonald-Gagnon, G., Angarita, G. A., Bold, K., & Potenza, M. N. (2023). "Dysregulated not deficit": A qualitative study on symptomatology of ADHD in young adults. PLOS ONE, 18 (10), 

Müller, V., Mellor, D., & Pikó, B. F. (2024). Associations between ADHD symptoms and rejection sensitivity in college students: Exploring a path model with indicators of mental well-being. Journal of Individual Differences

Turkia, I. B., Brahim, T., Guedria, A., Bousleh, S., & Gaddour, N. (2021). Emotional dysregulation and attention deficit hyperactivity disorder (ADHD). European Psychiatry, 64 (S1), S579. 

    2. Oktober 2024
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Patrick Pfarrer
M.Sc. Psychologie / MAS Psychotherapie
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