21. April 2024

Der therapeutische Einsatz von Cannabis in der Psychiatrie:

Chancen und Herausforderungen

In den letzten Jahren ist das Interesse an medizinischem Cannabis deutlich gewachsen – auch in der Psychiatrie. Viele neue Studien zeigen, dass Cannabis in bestimmten Fällen helfen kann, psychische Krankheiten zu behandeln. Dennoch ist die Substanz umstritten. Es lohnt sich deshalb, Chancen und Risiken genau zu betrachten.

Illustration zum Thema Medizinisches Cannabis Psychiatrie. Sie stellt die Chancen, symbolisiert durch ein gesundes Gehirn, den Herausforderungen, dargestellt durch Warnsymbole, gegenüber. Ein Cannabisblatt verbindet beide Aspekte der Therapie mit Cannabis.

Cannabis in der Psychiatrie: Ein Überblick

Das menschliche Endocannabinoidsystem steuert wichtige Funktionen wie Emotionen, Angst und Stress. Die Wirkstoffe THC und CBD, die in Cannabis enthalten sind, können dieses System beeinflussen. Daher wird Cannabis in der Medizin zunehmend erforscht.

Chancen bei psychischen Erkrankungen

Forscher wie Kirsten R. Müller-Vahl (2024) berichten von positiven Wirkungen bei:

  • Autismus-Spektrum-Störungen,
  • Tourette-Syndrom,
  • Angststörungen und
  • posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS).

Manche Patienten berichten, dass ihre Beschwerden deutlich zurückgehen und ihre Lebensqualität steigt. Deshalb wird Cannabis in der Psychiatrie häufiger als mögliche Behandlungsoption diskutiert. Allerdings fehlen bisher gute Daten zu langfristigen Folgen.

Cannabis als Mittel zur Schadensminderung

Ein weiterer Ansatz ist der Einsatz von medizinischem Cannabis als Teil einer Strategie zur Schadensminderung. Laut einer Studie von Więckiewicz et al. (2024) kann eine legale und kontrollierte Abgabe helfen, die Risiken des illegalen Konsums zu verringern. So können Probleme wie verunreinigte Substanzen oder Mischkonsum reduziert werden.

Gleichzeitig bleibt dieser Ansatz umstritten. Kritiker warnen, dass die Abhängigkeit so nicht immer wirksam bekämpft wird. Trotzdem sehen viele Fachleute darin eine Chance, besonders für Menschen mit hohem Risiko.

Einsatz bei Militärangehörigen und Veteranen

Auch für Militärpersonal und Veteranen mit PTBS könnte Cannabis hilfreich sein. Eine Übersichtsarbeit von Houyu Zhao et al. (2024) deutet auf eine Linderung der Symptome hin.

Doch die Autoren warnen: Es gibt noch zu wenige Studien zu Nebenwirkungen und möglichen Langzeitfolgen. Deshalb sollte Cannabis hier nur unter strenger ärztlicher Aufsicht eingesetzt werden.

Risiken bei psychotischen Störungen

Cannabis ist nicht immer hilfreich. Eine Analyse von Précis (2016) zeigt, dass die Wirkung bei psychotischen Störungen sehr unterschiedlich sein kann. Einige Betroffene erleben eine Besserung, andere berichten jedoch von einer Verschlechterung ihrer Symptome.

Deshalb ist eine gründliche und individuelle Abklärung nötig, bevor Cannabis verschrieben wird.

Fazit: Cannabis ist kein Wundermittel – aber eine Option

Cannabis kann für Menschen, die auf andere Medikamente nicht ansprechen, eine neue Möglichkeit sein. Doch es ist kein Wundermittel. Die Anwendung in der Psychiatrie muss immer gut geprüft und ärztlich überwacht werden.

Zukünftige Studien sollten sich stärker auf die langfristigen Folgen konzentrieren. Nur so lässt sich der Einsatz von Cannabis sicher und sinnvoll in die Behandlung integrieren.

"Infografik zum Thema Medizinisches Cannabis Psychiatrie. Sie fasst 5 Kernpunkte der Therapie mit Cannabis visuell zusammen: das Potenzial (Gehirn-Icon), die Warnungen (Warnzeichen), die Relevanz für Veteranen (Medaillen-Icon), die Notwendigkeit der Balance (Waagen-Icon) und die unerlässliche ärztliche Aufsicht (Stethoskop-Icon)."

Empfehlungen für Patienten und Fachpersonal

Für Patienten:
Sprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Psychiater, wenn Sie eine Therapie mit Cannabis in Erwägung ziehen. Eine gute Entscheidung braucht eine genaue Abwägung der Risiken und Chancen.

Für Fachpersonal:
Bleiben Sie auf dem aktuellen Stand der Forschung und prüfen Sie sorgfältig, ob Cannabis für einzelne Patienten geeignet sein kann.

Haben Sie Fragen zum Thema Cannabis in der Psychiatrie? Oder möchten Sie Ihre Meinung teilen? Schreiben Sie uns – wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen.

Ihr PCM-Team – Psychotherapie München

Quellen:

1. Müller-Vahl, K. R. (2024). Cannabinoids in the Treatment of Selected Mental Illnesses: Practical Approach and Overview of the Literature. *Thieme*. https://dx.doi.org/10.1055/a-2256-0098

2. Więckiewicz, G., Stokłosa, I., & Piegza, M. (2024). Is there anything beyond addiction psychotherapy in patients with cannabis use disorder? A rationale for prescribing medical marihuana as a harm reduction strategy. *Archives of Psychiatry and Psychotherapy*. https://dx.doi.org/10.12740/app/183674

3. Zhao, H., Liang, K., & Fang, Y. (2024). Medical use of cannabis and psychedelics in treating symptoms of mental disorders among military and veteran populations: A systematic review. *Journal of Psychiatric Research*. https://dx.doi.org/10.54254/2753-8818/32/20240910

4. Précis. (2016). Cannabis: Does it help or hurt psychotic disorders and PTSD? *Clinical Psychopharmacology Update*. https://dx.doi.org/10.1002/cpu.30095

5. Quertemont, É., Blairy, S., & Ansseau, M. (2010). Chapitre 5. Effets du cannabis sur la santé psychologique. In *Les drogues: approche multidisciplinaire*. Presses Universitaires de Liège. https://dx.doi.org/10.1046/j.1360-0443.1998.9344874.x

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Patrick Pfarrer
M.Sc. Psychologie / MAS Psychotherapie
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