3. Oktober 2024

Ängste und Angststörungen im Vorschulalter

Ängste und Angststörungen zählen zu den häufigsten psychischen Störungen bei Kindern und können bereits im Vorschulalter auftreten. Obwohl Ängste ein natürlicher Bestandteil der kindlichen Entwicklung sind, können sie in einigen Fällen das Alltagsleben der Kinder erheblich beeinträchtigen und sich zu ernsthaften Angststörungen entwickeln. Studien zeigen, dass fast 10 % der Kinder im Alter zwischen 3 und 5 Jahren an einer Angststörung leiden, wobei diese Störungen häufig ohne frühzeitige Intervention bestehen bleiben und sich verschlimmern können (Steinsbekk et al., 2021).

Was sind Angststörungen im Vorschulalter?

Im Vorschulalter manifestieren sich Angststörungen häufig in Form von Trennungsängsten, sozialen Phobien oder generalisierten Ängsten. Diese Kinder zeigen übermäßige, anhaltende Sorgen, die nicht ihrer Entwicklungsstufe entsprechen. Trennungsängste können beispielsweise dazu führen, dass das Kind sehr unruhig wird, wenn es von den Eltern getrennt werden muss, während soziale Phobien dazu führen, dass das Kind den Kontakt zu Gleichaltrigen oder Fremden meidet (Spence et al. 2001). 

Ursachen und Risikofaktoren

Die Ursachen von Angststörungen im Vorschulalter sind vielfältig und komplex. Ein wichtiger Faktor ist die psychische Gesundheit der Eltern. Kinder, deren Eltern unter Depressionen, Angststörungen oder chronischem Stress leiden, zeigen häufiger Angstsymptome. Byrne (2012) stellt fest, dass elterliche psychische Probleme die Schwere der kindlichen Angststörungen signifikant beeinflussen können. Interessanterweise haben bestimmte Erziehungsstile, wie z. B. überängstliches Verhalten der Eltern, zwar Einfluss auf die Symptomschwere, führen aber nicht zwangsläufig zu einer klinischen Diagnose.

Neben familiären Faktoren spielen das Temperament und die frühkindlichen Erfahrungen des Kindes eine Rolle. Kinder, die von Natur aus schüchterner oder zurückhaltender sind, haben ein höheres Risiko, Angststörungen zu entwickeln. Dougherty et al. (2013) zeigten, dass Vorschulkinder mit Angststörungen oft Verhaltenshemmungen und Schlafprobleme aufweisen. Auch komorbide Störungen wie Depressionen oder oppositionelles Verhalten treten bei diesen Kindern häufiger auf. Zudem fanden die Forscher heraus, dass die Mütter dieser Kinder selbst oft unter Angststörungen leiden, was einen weiteren Hinweis auf die Bedeutung des familiären Umfelds liefert.

Wie erkenne ich eine Angststörung bei meinem Kind?

Es ist nicht immer leicht, eine klinische Angststörung bei einem kleinen Kind zu erkennen, da viele Verhaltensweisen im Vorschulalter altersgerecht sind. Allerdings gibt es einige Warnsignale, auf die Eltern achten sollten:

  • Übermäßige Sorgen: Ihr Kind macht sich ständig Sorgen über alltägliche Dinge, wie den Kindergartenbesuch, das Schlafengehen oder das Verlassen der Eltern.
  • Vermeidung von Situationen: Ihr Kind vermeidet bestimmte Aktivitäten, Orte oder Personen, die ihm Angst machen, wie z. B. das Spielen mit anderen Kindern oder das Verlassen des Hauses.
  • Körperliche Symptome: Häufige Bauchschmerzen, Kopfschmerzen oder Übelkeit ohne medizinischen Grund können ein Zeichen für innere Anspannung und Ängste sein.
  • Schlafstörungen: Ihr Kind hat Schwierigkeiten beim Einschlafen oder wacht nachts häufig auf. Albträume können ebenfalls ein Hinweis auf Ängste sein.
  • Unruhe und Reizbarkeit: Kinder mit Angststörungen wirken oft nervös, gereizt oder zeigen eine übermäßige Anhänglichkeit zu den Eltern.

Wenn diese Symptome über mehrere Wochen hinweg auftreten und den Alltag Ihres Kindes beeinträchtigen, könnte eine Angststörung vorliegen. In diesem Fall ist es ratsam, professionelle Hilfe zu suchen, um eine frühzeitige Behandlung einzuleiten.

Auswirkungen auf das Familienleben

Die Belastungen durch Angststörungen betreffen nicht nur das Kind, sondern wirken sich auch auf das gesamte Familienleben aus. Towe-Goodman et al. (2014) fanden heraus, dass Familien von Kindern mit Angststörungen eine deutlich höhere Belastung und gestörte Familienfunktion berichten. Besonders bei Mädchen, die unter sozialer Phobie leiden, sind diese Auswirkungen gravierend. Diese Familien berichten 3,5-mal häufiger von einer Beeinträchtigung des Familienlebens im Vergleich zu Familien ohne betroffene Kinder.

Warum Prävention so wichtig ist

Die Forschung zeigt, dass Angststörungen im Vorschulalter selten ohne Intervention von selbst verschwinden. Ohne angemessene Behandlung können sich die Symptome über Jahre hinweg verfestigen und im schlimmsten Fall zu chronischen Angststörungen im Erwachsenenalter führen. Steinsbekk et al. (2021) unterstreichen die Bedeutung frühzeitiger Interventionen, insbesondere während der mittleren Kindheit. In dieser Entwicklungsphase verschwinden die Symptome seltener spontan, was die Notwendigkeit gezielter Präventions- und Behandlungsstrategien verdeutlicht.

Programme zur Prävention und Behandlung von Angststörungen, wie kognitive Verhaltenstherapie (KVT), haben sich bereits bei sehr kleinen Kindern als wirksam erwiesen. Frühzeitige Interventionen helfen nicht nur den Kindern, mit ihren Ängsten umzugehen, sondern entlasten auch die Familien und schaffen ein stabileres, gesünderes Umfeld.

Fazit

Angststörungen im Vorschulalter sind ein ernstzunehmendes Problem, das die Entwicklung von Kindern und das Familienleben erheblich beeinträchtigen kann. Eltern sollten auf Warnzeichen wie übermäßige Sorgen, Vermeidungsverhalten und körperliche Beschwerden achten. Frühe Erkennung und Intervention sind entscheidend, um langfristige negative Auswirkungen zu verhindern. Wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihr Kind unter einer Angststörung leidet, zögern Sie nicht, professionelle Unterstützung zu suchen – denn mit der richtigen Hilfe können Kinder lernen, ihre Ängste zu überwinden und sich gesund zu entwickeln.

Quellen: 

- Byrne, L. (2012). *Parental factors associated with anxiety in preschool-aged children. 

- Dougherty, L. R., Tolep, M. R., Bufferd, S. J., Olino, T. M., Dyson, M. W., Traditi, J., Rose, S. A., Carlson, G. A., & Klein, D. N. (2013). Preschool anxiety disorders: Comprehensive assessment of clinical, demographic, temperamental, familial, and life stress correlates. Journal of Clinical Child and Adolescent Psychology, 42 (3), 308-319. 

Spence, S. H., Rapee, R. M., McDonald, C., & Ingram, M. (2001). The structure of anxiety symptoms among preschoolers. Behaviour Research and Therapy, 39 (11), 1293-1316. 

Steinsbekk, S., Ranum, B. M., & Wichstrøm, L. (2021). Prevalence and course of anxiety disorders and symptoms from preschool to adolescence: A 6-wave community study. Journal of Child Psychology and Psychiatry, 62 (12), 1417-1428. 

Towe-Goodman, N., Franz, L., Copeland, W. E., Angold, A., & Egger, H. L. (2014). Perceived family impact of preschool anxiety disorders. Journal of the American Academy of Child and Adolescent Psychiatry, 53 (4), 437-446. 

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Patrick Pfarrer
M.Sc. Psychologie / MAS Psychotherapie
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