9. September 2024

Ist Sitzenbleiben wirklich sinnvoll?

Jedes Jahr müssen viele Schüler eine Klassenwiederholung machen. In Deutschland sind es etwa zwei von 100 Kindern. Mit dem Alter steigt die Zahl: Fast jeder fünfte 15-Jährige hat bereits ein Schuljahr wiederholt. Doch hilft das Sitzenbleiben wirklich beim Lernen?

Illustration mit dem Titel „Ist Sitzenbleiben wirklich sinnvoll?“ zeigt einen Schüler beim Schreiben an einem Tisch, daneben ein Verbotssymbol über einem leeren Schulstuhl, Bücher, Stifte und eine Uhr – symbolisch für die Diskussion rund um das Sitzenbleiben im Bildungssystem.

Bringt die Wiederholung der Klassenstufe etwas?

Studien zeigen: Die Wiederholung der Klassenstufe hat kaum einen Nutzen für die schulischen Leistungen. Eine Untersuchung verglich Schüler, die eine Klasse wiederholen mussten, mit solchen, die trotz ähnlicher Noten versetzt wurden. Das Ergebnis: Beide Gruppen schnitten später gleich ab. Das heißt, ein Schuljahr zu wiederholen hilft nicht unbedingt, Lernlücken zu schließen – vor allem nicht, wenn der Unterricht gleich bleibt.

Sitzenbleiben im Vergleich mit anderen Ländern

Vor allem in Ländern wie Deutschland, wo viel nach Leistung sortiert wird, ist das Sitzenbleiben wenig erfolgreich. In Ländern wie den USA bleiben Schüler seltener sitzen, denn dort wird stärker auf persönliche Förderung gesetzt. Auch wenn es zur Klassenwiederholung kommt, gibt es dort oft mehr Hilfe, damit die Schüler besser vorankommen.

Wie wirkt sich Sitzenbleiben auf die Psyche aus?

Das Wiederholen der Klassenstufe wirkt sich auch auf das Gefühl und Selbstvertrauen aus. Wer ein Schuljahr wiederholen muss, verlässt oft seine Klasse und kommt in eine neue. Das kann verunsichern und frustrieren. Einige Studien zeigen negative Folgen – zum Beispiel weniger Motivation oder ein schlechteres Selbstbild. Andere Studien sagen aber auch, dass manche Wiederholer in der neuen Klasse besser zurechtkommen und mehr Selbstvertrauen haben.

Kosten und Diskussion im Bildungssystem

Das Thema Sitzenbleiben betrifft nicht nur die einzelne Person, sondern auch das Schulsystem. In Deutschland entstehen hohe Kosten durch viele Klassenwiederholungen, weil Schüler länger zur Schule gehen. Länder wie Norwegen oder Japan setzen kaum auf die Wiederholung der Klassenstufe – und sind trotzdem erfolgreich. In Deutschland gehen manche Bundesländer dazu über, das Sitzenbleiben nur noch selten zu erlauben.

Gibt es bessere Lösungen?

Statt einer Klassenwiederholung wären gezielte Hilfen oft sinnvoller – zum Beispiel Förderunterricht oder Nachhilfe in kleinen Gruppen. Diese kosten auch Geld, aber sie könnten auf lange Sicht günstiger sein als das Schuljahr wiederholen. Vor allem helfen sie oft besser, Leistungen zu verbessern und das Selbstvertrauen zu stärken.

Infografik mit dem Titel „Ist Sitzenbleiben wirklich sinnvoll?“ auf orangem Hintergrund. In sechs übersichtlichen Abschnitten werden zentrale Inhalte dargestellt: Häufigkeit von Sitzenbleiben, geringe Wirkung auf den Lernerfolg, internationale Vergleiche, psychologische Folgen, Kosten für das Schulsystem und mögliche Alternativen wie gezielte Förderung. Passende Symbole begleiten die kurzen Texte, die den Nutzen und die Kritik am Sitzenbleiben im Bildungssystem verdeutlichen.

Fazit: Ist Sitzenbleiben noch zeitgemäß?

Am Ende zeigt sich: Sitzenbleiben bringt meist keinen klaren Vorteil. Besser ist es, auf persönliche Hilfe und gezielte Förderung zu setzen. Damit können Schüler Lernlücken schließen und motiviert bleiben – auch ohne die Wiederholung der Klassenstufe.

Quellen:

- Goos, M. et al.: Effectiveness of grade retention: A systematic review and meta-analysis. Educational Research Review, 34, 2021.  https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S1747938X21000245

- Kretschmann, J. et al.: Effects of grade retention on students′ motivation: A longitudinal study over 3 years of secondary school. Journal of Educational Psychology, 111, 2019. https://psycnet.apa.org/record/2019-18026-001

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Patrick Pfarrer
M.Sc. Psychologie / MAS Psychotherapie
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